Der-Säure-Begriff

1.1 Bezeichnungen

Die Begriffe Säure und Base wurden schon von den Alchimisten benutzt. So bezeichnet z.B.

 

Wenn eine Säure mit Wasser reagiert, so gibt sie nach Arrhenius ein Proton (H+) ab z.B.:

HCL  + H O ---> Cl- + NH+
        2              4
 

Analog reagiert aber auch Wasser mit Ammoniak:

H2O + NH3 --->  OH -+ NH+4

Das Wassermolekül gibt an Ammoniak ein Proton ab. I.N. Brönsted schlug daher 1923 eine umfassendere Definition für Säuren und Basen vor, indem er das OH--Ion als alleiniges basisches Prinzip aufgab. Nach Brönsted gilt:  

Säuren sind Stoffe, die Protonen abgeben können (Protonendonatoren,-spender). Laugen sind Stoffe, die Protonen aufnehmen können (Protonenakzeptoren,-empfänger). Da jedes Teilchen nach der Protonenabgabe wieder Protonen aufnehmen kann und umgekehrt, entsteht aus einer Säure durch Abgabe von Protonen eine Base und aus einer Base durch Aufnahme von Protonen eine Säure. 

S¨aure <---->  Base+ Proton

Besteht zwischen einer Säure, eine Base und Protonen ein Gleichgewicht, so spricht man von einem korrespondierenden Säure-Base-Paar. Der Vorgang der Protonenabgabe heißt Protolyse. Nach der Definition von Brönsted könne sowohl neutrale Teilchen als auch Anionen und Kationen als Säuren bzw. Basen betrachtet werden. Man unterschiedet daher Neutralsäuren, Aminosäuren und Kationensäuren bzw. Neutralbasen, Anionenbasen und Kationenbasen!

Stoffe, die sowohl als Säure als auch als Base reagieren können, nennt man amphotere Stoffe(=Ampholyte). Welche der beiden Reaktionen von diesen Stoffen übernommen wird, hängt stets vom Reaktionspartner ab.

Je nach Ladung (positiv, negativ oder neutral) der Teilchen, die Protonen abgeben oder aufnahmen, unterscheidet man:

          -------------------------------------------------------------------------------------
|Molek¨uls¨auren(=Nautrals¨auren) |                      Ionens¨auren                       |
|----------------------------|---------Kations¨auren----------|------Anions¨auren--------|
|HCl-(Salzs¨aure)--------------|NH+--(Ammoniumion)------------|HSO---(Hydrogensulfation)-|
|H SO  (schweflige Saure)      |H  4O+ (Oxoniumion)            |HSO 3- (Hydrogensulfation) |
|HN2O  3(Schwefelsaur¨e)         |H 3PO- (Dihydrogenphosphation) |    4                   |
|    3         ¨             |  2  42-                        |                        |
|H3PO4  (Phosphors¨aure)       |HPO- 4 (Hydrogenphosphation)   |                        |
|H -COOH  (Ameisens¨aure)     |HS   (H-ydrogensulfidion)         |                        |
|CH3 -COOH   (Essigs¨aure)      |HCO  3 (Hydrogenkarbonation)    |                        |
|H2O  (Wasser)                |                              |                        |
|H2S (Schwefelwasserstoffs¨aure)  |                              |                        |
-H2CO3--(Kohlens¨aure)-----------------------------------------------------------------

1.2 Stärke von Säuren und Basen

Eine Säure(Base), die nur ein Proton abgeben (aufnehmen) kann, bezeichnet man als einprotonig. Um die Stärke von verschiedenen Säuren und Laugen miteinander vergleichen zu können, betrachtet man ihre Protolysen mit derselben Base(Säure) H2O.

Allgemein gilt:

1.2.1 Einprotonige Säure HA

                      -       +
HA(aq) + H2O  <-- -->   A   + H3O
S¨aure               konjug. Base (korresp. Base)

Nach dem Massenwirkungsgesetz gilt:

 

   -        +
c(A--).c(H3O--)  =   K
 c(HA) .c(H2O)
c(A--).c(H3O+)-  =   K .c(H  O) = K
     c(HA)                 2      S

Säuren, die in Wasser gelöst fast vollständig protonisieren, nennt man starke Säuren. Starke Säuren haben daher große KS-Werte.
Definition
pKS = - logKS

Der pKS-Wert ist ein Maß für die Stärke der Säure. Eine Säure ist umso stärker, {
  je gr¨oßer ihr KS -Wert ist.
  je kleiner ihr pKS -Wert ist.

1.2.2 Einprotonige Base B

B(aq) + H2O <-- -->   HB+ + OH -
                  konjugierte Base

Nach dem Massenwirkungsgesetz: 

     +       -
c(HB--).c(OH--)= K  .c(H2O) = KB
      c(B)
 

KB heißt Basenkonstante.

Definition:

pKB  = -logKB    

Eine Base ist umso stärker, {
  je gr¨oßer ihr KB -Wert ist.
  je kleiner ihr pKB -Wert ist.

Die Säure- und Basestärke eines korrespondierenden Säure-Base-Paars hängen miteinander zusammen/sind voneinander abhängig. Eine Säure , die ein Proton leicht abgibt, korrespondiert mit einer Base, die ein Proton nur schwer aufnimmt. Das heißt: je stärker die Säure, desto schwächer die korrespondierende Base.

HA(aq) + H2O  <-- -->   A - + H3O+
S¨aure               konjug. Base (korresp. Base)

K  [HA] = c(A--).c(H3O+)-
  S       c(HA) .c(H2O)

B(aq) + H2O   <-- -->   HB+ +  OH-
                   konj. Base

     -    c(HB+)-.c(OH--)-
KB[A  ] =      c(B)

                            -        +              -
       Ks[HA] .KB[A-] =  c(A--).c(H3O--) .c(HA)-.c(OH--)-= c(H3O+)  .c(OH -) = 10- 14
                              c(HA)           c(A-)
logKs[HA] + logKB[A-] =  log10-14 = - 14
logKs(HA]- logKB[A-]  =  +14

    pKs[HA] + pKB[A-] =  14

 

Berechne den KS-Wert einer einmolaren Säure HA, falls diese bei 24oC zu genau 10% dissoziiert ist.          c(A--).c(H3O+)-   0,1-moll.0,1 moll  1-
KS[HA] =     c(HA)     =     0,9 mol    = 90
                                  l   

Für 0,1-normale Essigsäure ist der Aktivitätskoeffizient g = 0,013 (=1,3%). Berechne den KS-Wert dieser Säure.                   -        +          mol        mol
KS[Essigs¨aure] = c(A-).c(H3O--) = 0,0013-l-.0,0013--l- ~~  1,71.10-5
                    c(HA)             0,0987 moll   

Für 0,1-normale Methansäure ist KS = 2, 4 . 10-4. Berechne den Aktivitätskoeffizienten g:

                         -        +       2
KS[H -COOH]   =  c(H-COO---).c(H3O--) = --x----= 2,4.10-4
                      c(H -COOH)         0,1- x
          x1   ~~  4,78.10-3
         [x2   ~~  - 5,02 .10-3 < 0]

 

1.3 Indikatoren

Dies sind Substanzen, mit denen der pH-Wert einer Lösung bestimmt werden kann. Säure-Base-Indikatoren sind im allgemeinen schwache organische Säuren oder Laugen, die im undissoziierten Zustand eine andere Farbe (Lichtabsorption) haben als im dissoziierten Zustand. Der Indikator Methylorange ist eine schwache organische Säure. Dabei ist das undissoziierte Teilchen (also das Säuremolekül) rot und das zugehörige Anion (die zugehörige korrespondierende Base oder konjugierte Base) gelb. Bezeichnet man die Indikatorsäure mit HIn, so läßt sich das Protolysengleichgewicht des Indikators in wässriger Lösung folgendermaßen formulieren: 

HIn(aq) + H2O <---->  H3O+(aq) + In-(aq)
 

Nach dem Massenwirkungsgesetz gilt: 

c(H3O+)-.c(In--)
     c(HIn)     = K .c(H2O) = KS    

Die Farbe des Indikators ergibt sich aus dem im Gleichgewicht vorliegenden Verhältnis c(In-): c(HIn), das vom pH-Wert abhängt. Bei einer Erniedrigung des pH-Wertes (Erhöhung von c(H3O+)) verschiebt sich das Gleichgewicht nach links und die Lösung nimmt Die Farbe des HIn-Moleküls an. Eine Erhöhung des pH-Wertes (Erniedrigung von c(H3O+)) bewirkt eine Verschiebung des Gleichgewichts nach rechts und die Farbe des In--Ions erscheint.

Keine Indikator zeigt jedoch bei einer Änderung von c(H3O+) einen sofortigen Farbwechsel. Der Farbumschlag vollzieht sich vielmehr innerhalb eines für jeden Indikator charakteristischen Umschlagbereichs (abhängig von der Farbintensität) des HIn-Moleküls bzw. In--Ions). Beim Umschlagspunkt des Indikators gilt c(HIn) = c(In-). Daher ist dann c(H3O+) = KS.c(HIn)-
 c(In-) = KS und folglich pH = pKS;HIn Bedingung für den Umschlagspunkt. Bei diesem pH-Wert zeigt die Lösung eines zweifarbigen Indikators eine Mischfarbe. Sind etwa 10 mal so viele HIn-Moleküle wie In--Ionen vorhanden, so ist für das Auge praktisch nur die Farbe der HIn-Moleküle wahrnehmbar.

  c(HIn) =   10.c(In- )
c(H O+)  =   10.K
   3              S
     pH  =   pKS - 1
 

 

Ist umgekehrt c(In-) = 10 . c(HIn), so zeigt die Lösung die Farbe der In--Ionen.

      -
  c(In ) =   10.c(HIn)
c(H3O+)  =   -1 .KS
             10
     pH  =   pKS + 1

 

Der Umschlagsbereich eines Indikators, in dem man eine Farbänderung erkennt, liegt also innerhalb von 2 pH-Einheiten: pH = pKS ± 1. Diese Grenzen sind daher keinesfalls exakt. Sie können durch Lösungsmittel oder Fremdionen beeinflusst werden. Da unser Auge nicht für alle Farben gleich empfindlich sit, variieren die Umschlagsintervalle einzelner Indikatoren. Manche Indikatoren besitzen zwei verschiedene Umschlagbereiche.
Beispiel:
KS[Lackmus] = 10-7. Bei pH < 5 ist Lackmus rot und bei pH > 8 ist Lackmus blau. Berechne c(In-): c(HIn) für diese pH-Werte.

        c(H3O+)-.c(In-)- =  10-7
            c(HIn)
                    +        -5 mol-
Bei pH = 5 gilt: c(H3O )  =  10    l
                c(In-)     10- 7   1
                c(HIn)  =  10--5 = 100

 

Die Lösung erscheint daher rot, falls c(In-) : c(HIn) = 1 : 100.

             +      -
        c(H3O--).c(In-)- =  10-7
            c(HIn)
Bei pH = 8 gilt: c(H3O+)  =  10-8 mol-
                                 l
                c(In-)  =  10
                c(HIn)      1

Die Mischung erscheint blau, falls 10 mal so viele In--Ionen vorhanden sind als HIn-Moleküle. Der Umschlagsbereich von Lackmus beträgt folglich 3 pH-Einheiten. Der KS-Wert von Phenolphthalein beträgt etwa 10-9. In welchem Konzentrationsverhältnis liegen bei pH=7 die farblosen und die roten Teilchen vor?

                  +    -
HIn + H2O <---->  H3O  + In

c(H3O+)-.c(In--)  =  K
     c(HIn)            S
       c(H3O+)   =  10-7
            -         -9
         c(In--)  =  10-7 = 10-2 = -1-
         c(HIn)     10            100

 

Das Verhältnis c(In-) : c(HIn) beträgt 1 : 100.

1.4 Pufferlösungen

Als Puffergemische bezeichnet man Lösungen, deren pH-Wert sich bei Zusatz von wenig Säure oder wenig Lauge praktisch nicht oder nur unwesentlich ändert. In der Regel enthalten Puffergemische eine schwache (organische) Säure HA und die zugehörige konjugierte Base A- (in Form des völlig dissoziierten Alkalisalzes von HA) im Molverhältnis 1 : 1 (oder eine schwache Base und die zugehörige konjugierte Säure im Molverhältnis 1 : 1).               -       +
HA  + H2O <---->  A  + H3O

Nach dem Massenwirkungsgesetz gilt: 

c(H3O+)-.c(A-) = K .c(H O) = K
     c(HA)              2      S
 

 

Und daher folgt:

           +           c(HA)--
      c(H3O  )  =  KS . c(A -)
                               [c(HA) ]
- log[c(H3O+)]  =  - log KS - log  c(A--)-
                           [      ]
          pH   =  pKS - log c(HA)-
                           [ A -  ]
                            c(A--)
          pH   =  pKS + log c(HA)

 

 

 

 

 

Enthält ein Puffergemisch die Säure HA und die konjugierte Base A- im Molverhältnis 1 : 1, so gilt:

   c(HA)   =  c(A-)
   c(A--)
logc(HA)   =  log 1 = 0
      pH   =  pK
                 S

 

Das heißt, der pH-Wert, bei dem ein äquimolekulares Gemisch aus HA und A- puffert, ist gleich dem pKS-Wert der Säure.
Beispiel:
Acetatpuffer (äquimolekulare Mischung aus Essigsäure und Na-Acetat)

CH3COOH   + H2O   <-- -->   CH3COO  - + H3O+
Essigs¨aure               Acetation

c(CH3COO---).c(H3O+)-
 c(CH3COOH)  .c(H2O)  = K

  1. Bei Zugabe von wenig Säure (z.B. HCl) werden die zugegebenen H3O+-Ionen durch die im Puffergemisch reichlich vorhandenen Acetationen abgefangen. Es bildet sich nach der Gleichung CH3-COO- + H3O+ <----> CH3COOH + H2O solange undissoziierte Essigsäure und Wasser, bis der Wert K der Gleichgewichtskonstanten wieder erreicht ist.
  2. Bei Zugabe von wenig Lauge bilden die OH--Ionen mit den H3O+-Ionen Wasser. Im gleichen Umfang wie die H3O+-Ionen dabei verbraucht werden, dissoziiert Essigsäure solange, bis der Wert K wieder erreicht ist.

In beiden Fällen ändert sich c(H3O+) praktisch nur unwesentlich, so daß der pH-Wert bei Zugabe von wenig Säure bzw. Lauge gleich bleibt.

1.4.1 Wichtige Puffergemische

1.)  Acetatpuffer:     Essigs¨aure/Na-Acetat                             puffert bei pH  ~~  4,7
2.)  Phosphatpuffer:   NaH  PO  / Na HPO                               puffert bei pH  ~~  7
     (Natriumdihydrogenpho2spha4t/Dina2triumh4ydrogenphosphat)
3.)  Karbonatpuffer:  Na  CO  / NaHCO                                 puffert bei pH  ~~  6,5
4.)  Ammoniakpuffer: NH 2 / N3H Cl    3                               puffert bei pH  ~~  9,2
5.)  Boratpuffer:      Bor3s¨aure 4(H  BO )/Natriumborat (Na B O  .10H  O)
                                3  3                 2 4  7     2

 

Zu 10 ml einmolarem Acetatpuffer und zu 10 ml Wasser werden jeweils 1 ml einmolare HCl hinzugegeben. Berechne jeweils den pH-Wert dieser Mischung.

Wenn man beides zusammengibt entstehen 11 ml Gemisch. 

CH3COO  -+ H3O+  <-- --> CH3COOH   + H2O

Es bilden sich 0,001 mol Essigsäure. In den 11 ml Mischung sind daher 0,01 + 0,001 = 0,011 mol Essigsäure enthalten.

               0,011-mol-  0,011-mol-   mol-
c(CH3COOH)   =   11ml   =  0,011l  = 1 l

 

Die Mischung enthält außerdem 0,01-0,001 = 0,009 mol Acetationen. 

          -    0,009 mol   9 mol
c(CH3COO   ) = -0,011l-=  11--l-

c(CH3COO  -).c(H3O+)
-----c(CH--COOH)------  =  KS
         3
              c(H3O+)   =  KS .c(CH3COOH)---
                               c(CH3COO [- )         ]
                  +                     c(CH3COOH)--
        - log(c(H3O   ))  =  - logKS - log  c(CH3COO  -)
                                   [c(CH3COO  -)]
                  pH   =  pKS + log c(CH--COOH)-
                                   [  ]  3
                       =  4,76+ log -9
                                    11
                       =  4,76+ log9- log11
                        ~~  4,67

 

Blut ist gepuffert mit mehreren Puffergemischen, damit die bei Stoffwechselvorgängen auftretenden Säuren und Basen unwirksam gemacht werden können.

1.)  Karbonatpuffer   H2CO3/NaHCO3                        pKS=6,1
                     Kohlens¨aure/Hydrogenkarbonat
2.)  Phosphatpuffer   H2PO4-/HPO24-                       pKS=6,8
3.)  Proteinat- Puffer  besteht aus komplexen Protein-Systemen
                     a.) Serumtherapie
                     b.) H¨amoglobin

 

Weitere Hilfen für die pH-Regulation:

Säuren können gepuffert werden durch alls Salze aus schwachen Säuren mit starken Basen. Basen können gepuffert werden durch Salze aus starken Säuren mit schwachen Basen.