3.9 Schwingungsspektroskopie

3.9.1 Übergangswahrscheinlichkeit und Auswahlregeln

Allgemeine Auswahlregeln:

Wir erinnern uns, daß das Übergangsdipolmonent gegeben ist durch mfi = <vf|^m|vi> und suchen nun die allgemeine Auswahlregel (für zweiatomiges Molekül) mit f(R) und R = Re. Dazu entwickeln wir mfi in eine Taylor-Reihe um Re:

     integral                integral          ( @m)     integral 
mfi =   Y*f^mYi dt = me  Y*fYi dt+   ---     Y*(R - Re)Yi dt
                  ----- -----    @R  Re
                     const.

Daraus ergibt sich die allgemeine Auswahlregel (    )
  @m-
  @RR=Re/=0.

PIC

Das Dipolmoment muß sich bei Änderung des Kernabstands auch ändern. Beispielsweise haben heteromolekulare zweiatomige Moleküle im allgemeinen ein Dipolmoment, das sich mit dem Abstand ändert. Beispielsweise ist HCl IR-aktiv. Für homomolekulare zweiatomige Moleküle gilt m = 0 für alle Bindungslängen, womit diese IR-inaktiv sind.

Spezielle Auswahlregeln:

Wir berücksichtigen die hermetischen Polynome in der Wellenfunktion:

3.9.2 Schwingungsenergie von Molekülen

Betrachten wir die Potentialkurven eines zweiatomigen Moleküls (harmonisch und anharmonisch):

PIC

           <-- -------------                              --------------->
Kernabstoßung und Pauli- Abstoßung“     Anziehende Wechselwirkung
Quantenmechanisch”er Effekt der Elektronen (z.B. Coulombwechselwirkung, Austauschwechselwirkung)

Um das Verhalten von V (R) zu untersuchen, führen wir eine Taylor-Reihenentwicklung von Re durch:

              (@V  )            1 (@2V )            1 (@3V )
V(R) = V(Re) +  ---    (R - Re)+ -  ---2    (R -Re)2+ --  --3-   (R- Re)3+...
       const=0   -@R--Re -------  2  @R   Re          3!  @R   Re
                      0

Wir brechen nach der zweiten Ableitung ab und erhalten die harmonische Näherung

         (    )
       1  @2V-           2   1         2
V(R) = 2  @R2  Re (R - Re)  = 2k(R - Re)

mit der Kraftkonstanten k = (    )
  @2V-
  @R2, welche eine Charakteristik für die „Krümmung des Potentials“ ist. Wir setzen V (R) in die Schrödinger-Gleichung ein und erhalten:

|------------------------------------------------ V~ --|
|         (    1)                                  k |
|Evib = hwe v + 2  f¨ur v = 0, 1, 2, ... und we = 2pne = m
------------------------------------------------------

Die Näherung ist in der Regel ab v = 3 schlecht. Außerdem wird keine Dissoziation berücksichtigt. Besser ist das anharmonische Potential. Dies erhält man, indem man die höheren Ableitungen in der Taylor-Reihe berücksichtigt.

Beispiel: Lösen der Schrödinger-Gleichung nach Einsetzen des Morse-Potentials
          (    - b(R-R ))2         V~ -k--
V (R) = De 1 - e      e   mit b =  2D--
                                      e

Hieraus ergibt sich:

|---------------------------------|
|         (    1)        (    1)2 |
Evib = hwe v+  2  -xehwe  v + 2   |
-----------------------------------

Wobei xe die Anharmonizitätskonstante darstellt.

                             (    1)       (    1)2       (    1)3
Allgemeiner Ausdruck: Evib = hwe v + - xehwe v + -  +yehwe  v + -   ...
                                  2             2              2

3.9.3 Linienintensitäten

Die Boltzmann-Verteilung ergibt die Besetzungsdichten für Schwingungsniveaus.

Beispiel:
          (       )
Nv=1-= exp  -hcD~n   ~~  0,01 f¨ur D~n  ~~  1000-1
Nv=0          kBT                      cm

Das heißt, etwa 1% (meistens weniger) befinden sich im Zustand v = 1, demnach „Heiße Banden“ (hot bands) für v = 1'-->v = 2. Bei hohen Temperaturen ( ~~ 1000 K) sind damit Übergänge verschoben zu kleinen Wellenzahlen. Betrachten wir außerdem die Obertöne:

--------------|---------|-----------------
-v =-0-'-->-v-=-1|Dv-=-+1--|Hohe-Intensit¨at----
-v =-0-'-->-v-=-2|Dv-=-+2---Geringe-Intensit¨at--

Schnell schwächer werdende bis vernachlässigbare Intensitäten

3.9.4 Schwingungs-Raman-Spektroskopie

Allgemeine Auswahlregeln:

Es findet eine Polarisationsänderung statt während das Molekül schwingt. Beispielsweise ist H2 IR-inaktiv, aber Raman-aktiv.

Spezielle Auswahlregel:
     {   DJ = 0   Q-Zweig
DJ =    DJ = ± 2  O-bzw. S-Zweige

3.9.5 Schwingungen in mehratomigen Molekülen

Anzahl der Schwingungsmoden:

N ist die Anzahl der Atome im Molekül.

Normalmoden:

Dies sind linear voneinander unabhängige synchrone Bewegungen, welche selektiv (resonant) angeregt werden können.

Beispiele:

  1. H2O : 3N - 6 = 3 Schwingungsmoden (unabhängige Schwingungen)
  2. CO2 : 3N - 5 = 4 Schwingungsmoden (unabhängige Schwingungen)

Klassifizierung von Normalmoden durch Symmetrie des Moleküls (==> Charaktertafeln)

3.9.6 Rotations-Schwingungs-Spektroskopie

Gleichzeitige Anregung von Rotation bei Aufnahme von Schwingungsspektren möglich, da hnvib ~ (100 - 1000)hnrot (aber auch DJ = 0)

Auswahlregeln:

Diese sind Dv = ±1 (+Absorption) und DJ = ±1.

Rotations-, Schwingungsenergie von Molekülen:
                                 (    1)                  (    1)2
E(J,v) = Erot+Evib = BvJ(J+1)+hwv v + 2 - DJ2(J+1) -xehwe  v+  2

Betrachten wir das vereinfachte Rotations-Schwingungsenergieschema und das daraus resultierendes Spektrum für ein zweiatomiges Molekül:

-----------------------------|----------------------------|------------------------------
-P-Zweig---------------------|Q--Zweig---------------------|-R-Zweig-----------------------
-Dv-=-1,DJ-=---1-------------|Dv-=-±-1,DJ-=-0-------------|-Dv-=-1,DJ--=-1----------------
 Linien ¨aquidistant, laufen aus- |meist nicht beobachtbar      | Linien ¨aquidistant, laufen zu-
-einander-f¨ur-hohe J-wegen-ae--|------------------------------sammen--f¨ur hohe-J wegen-ae---

PIC

Rotations-Schwingungsspektren in Flüssigkeit bzw. Lösung:

Betrachten wir als Beispiel wieder H2O.

Schauen wir uns also das Spektrum von Wasser an:

PIC

3.9.7 Fourier-Transform-IR-Spektroskopie

Man versucht, die Empfindlichkeit von IR-Messungen zu erhöhen. Betrachten wir hierzu den interferometrischen Aufbau. Es handelt sich prinzipiell um ein Michelson-Interferometer:

PIC

Gemessen wird die Zeit oder der Weg. Durch Fouriertransformation erhält man dann das Spektrum. Mit monochromatischem Licht folgt:

I(d) = I(~n)(1 + cos 2p~nd)

d ist hierbei der Gangunterschied der beiden Strahlen auf Detektor. Mit polychromatischen Licht erhält man:

       integral  oo 
I(d) =   I(~n)(1 +cos2p~nd) d~n
      0

Die Fourier-Transformation wird durch Standard-Computerprogramme hauptsächlich durch den Algorithmus der Fast Fourier Transformation (FFT) durchgeführt. Es ergibt sich die Auflösung D~n ~d1m1, beispielsweise gilt für 5cm D~n ~ 0,11cm-.

3.9.8 Elektronische Spektroskopie von Molekülen

Allgemein erhalten elektronische Spektren elektronische Schwingungs- und Rotationsbeiträge. Es sind damit einfache analytische Ausdrücke für elektronische Energieniveaus nicht mehr möglich.

3.9.9 Born-Oppenheimer-Näherung

Eges = EN + Eel(+Evib + Erot)

Beziehungsweise Entkopplung der Wellenfunktionen:

Y = Y Y   oder Y = Y Y  Y
     e  N           e vib rot

Die Energie nimmt zur Rotationsenergie hin ab.

Born-Oppenheimer-Näherung:

Man führt eine Trennung von elektronischen- und Kernbeiträgen durch. Diese besitzt folgende Anwendungen: